Als Pastor am Flughafen
Dass es am Hamburg Airport einen Pastor gibt, ist vielen Fluggästen gar nicht bekannt. Dabei ist Björn Kranefuß bereits seit gut 22 Jahren in den Terminals unterwegs und hat stets ein offenes Ohr für alle Sorgen und Nöte der die Passagiere, Mitarbeiter und Anwohner.
Der Hamburger Flughafen ist nicht nur Start und Ziel von Reisenden, sondern auch Arbeitsplatz für zahlreiche Menschen. Vom Personal am Check-In über die Mitarbeitenden der Gepäckverladung bis hin zu Reinigungskräften und Verwaltungspersonal – die Jobs am Hamburg Airport sind vielfältig. Einer, den die wenigsten erwarten: Pastor. Seit gut 22 Jahren übernimmt diese Aufgabe Björn Kranefuß.
„Ich bin nicht der Hausherr“
Der evangelische Pastor war zuvor bereits in USA, hat dort unter anderem in einem Krankenhaus gearbeitet und kannte es bereits, im Leben außerhalb von Kirchengebäuden als Seelsorger zu arbeiten. „Hier bin ich nicht der Hausherr in einer Kirche, sondern muss mich als Pastor an die Umgebung anpassen“, beschreibt er den wohl größten Unterschied zwischen der Arbeit am Flughafen und dem klassischen Pastorendasein. „Ich empfinde es als Berufung. Auf Leute zuzugehen, ein Gespür für Situationen zu entwickeln ist das, was ich am besten kann.“
Kapelle mit Geocache
Sogar eine eigene Kapelle gibt es am Flughafen – das weiß aber nicht jeder. Kaum verwunderlich, denn der Andachtsraum sticht beim Betreten des wuseligen Terminalgebäudes nicht gerade ins Auge. „Er liegt etwas versteckt, so dass man nicht zufällig darüber stolpert“, sagt Björn Kranefuß. „Man muss schon wissen, dass es ihn gibt.“ Oder mit einem GPS-Gerät auf der Suche nach Geocaches sein. Denn ein Ziel dieser Schatzsuche befindet sich genau hier: Im Andachtsraum am Flughafen.
Verlässlicher Zuhörer
Doch auch, wer nicht wegen des Spiels hierherkommt, ist im Andachtsraum meist auf der Suche nach etwas Bestimmtem, weiß Björn Kranefuß: „Manche wollen einfach einen Moment der Ruhe erleben, andere kommen, weil Sie ein konkretes Anliegen mit Gesprächsbedarf haben.“ Die Gründe für einen Besuch sind so vielfältig wie die Menschen, die sich am Flughafen tummeln. „Der Flughafen ist wie ein kleiner Stadtteil mit vielen unterschiedlichen Menschen“, sagt Björn Kranefuß. „Zu mir kommen nicht nur Reisende, sondern auch Mitarbeitende oder Anwohner aus der Nachbarschaft.“ Alle haben ihre eigenen Wünsche, Sorgen und Probleme und finden in dem Pastor in erster Linie einen verlässlichen Zuhörer – ganz unabhängig von ihrer Religion.
Begleitung in Notlagen
Als seine Hauptaufgabe sieht er es, Menschen in individuellen Notlagen zu begleiten, zum Beispiel nach einem Todesfall eines Angehörigen während einer Reise. Aber auch die Herausforderungen des alltäglichen Lebens begegnen ihm hier: von Familienkonflikten über Liebeskummer oder sozialen Problemen bis hin zu seelischen Belastungen wie Depressionen – Pastor Björn Kranefuß ist Anlaufstelle bei allen Themen. „Weil hier am Flughafen alles relativ anonym ist, fällt es manchen Menschen leichter, sich hier im geschützten Raum zu öffnen“, sagt Björn Kranefuß. Manche wollen sich einfach einmal ihren Frust von der Seele reden, andere kommen auch öfter. Und wieder andere trifft der Pastor bei einer seiner täglichen Runden über den Flughafen. „Das ist eins meiner Rituale“, erzählt er.
Taufe, Andacht, Reisesegen
Jeden zweiten Mittwoch gibt es zudem eine Andacht, die auch viele Mitarbeitende des Hamburg Airport besuchen. Auch Taufen und Hochzeiten finden hier statt. Auf Wunsch spricht er Passagieren auch einen Reisesegen aus. Berührt hat ihn zum Beispiel die Bitte einer Frau, die zu ihrem Vater reisen wollte um ihn nach langer Zeit erstmals wieder zu treffen. Sie bat ihn um einen Segen für diese Begegnung. „In einem Gespräch finde ich dann heraus, welche Wünsche und Ängste hinter der Bitte stehen und entwickle ein passendes Format aus Gebeten und Handauflegen“, erklärt Björn Kranefuß.
Konzerte auf dem Top Deck
Neben vielen bewegenden Momenten erlebt Björn Kranefuß bei seiner Aufgabe aber auch unbeschwerte Zeiten. Zum Beispiel beim Airport Family Chor HAMSingers. Ursprünglich als Mitarbeitenden-Chor entstanden, probt er nun jedes Jahr zwischen August und Dezember unter seiner Leitung für drei Auftritte zur Weihnachtszeit, unter anderem im Michel. „Auch Veranstaltungen mit Konzerten auf dem Top Deck des Flughafens wie zum Beispiel zur Nacht der Kirchen waren ein tolles Erlebnis“, schwärmt Björn Kranefuß. Und auch im Alltag entdeckt er immer wieder positive Momente: „Ich freue mich immer, wenn ich Menschen weiterhelfen kann.“